Samstag, 19. Februar 2011

Kurze Zusammenfassung

Ansätze, Begründungen und Folgen einer Neuen Lernkultur[1]

Gliederung

1. Einleitung

2. Was versteht man unter Neuer Lernkultur?

3. Begründungen für eine Neue Lernkultur

3.1 Gesellschaftliche Gründe

3.2 Lerntheoretische Gründe

3.2.1 Kognitivismus

3.2.2 Konstruktivismus

4. Ein neues Verständnis von Lernen

5. Konsequenzen für unterrichtliches Handeln

6. Neue Lernkultur und die Frage der Leistungsbewertung

7. Fazit

1. Einleitung

In den folgenden Ausführungen gehe ich der Frage nach worum es sich bei dem Thema Neue Lernkultur handelt, was sich für Hintergründe dabei verbergen und beschreibe erste Konsequenzen für die Schule und ein neues Bildungsverständnis.

Dazu gliedere ich die Arbeit wie folgt. Im ersten Kapitel soll der Begriff Neue Lernkultur erläutert werden. Daran anschließend werde ich, aus verschiedenen Perspektiven, Begründungen für eine Neue Lernkultur darstellen. Auf dieser Grundlage beschreibe ich das Verständnis von Lernen sowie Konsequenzen für den Unterricht. Im letzten Kapitel widme ich der Frage was eine Neue Lernkultur für Auswirkungen auf schulische Leistungsbewertung mit sich bringt.

2. Was versteht man unter Neuer Lernkultur?

Der Ausdruck Neue Lernkultur ist einerseits ein programmatisches Schlagwort, das die Suche nach einer Neudefinition des Verhältnisses von Lehren und Lernen beschreibt, andererseits handelt es sich um einen Oberbegriff für eine Fülle z.T. recht unterschiedlich begründeter praktischer Reformansätze. Eine Neue Lernkultur ist immer an modernen Wissensbeständen orientiert. Neue Lernkultur lässt sich als ein Versuch beschreiben auf die Herausforderungen dieser Zeit, Gesellschaft, Wissenschaft, Wirtschaft usw. eine pädagogisch, psychologisch und bildungstheoretisch reflektierte, praxiswirksame Antwort zu geben. Es geht weder um eine geradlinige Fortsetzung reformpädagogischer Einflüsse noch um bloße Erweiterung des Methodenrepertoires, weder um den konsequenten Verzicht auf Klassenunterricht oder Lektionen noch um das Durchsetzen einseitig humanistisch-psychologischer oder neurodidaktischer Ideen, weder um die Verteufelung darbietender Formen noch um die Beschränkung auf interaktive PC-gestützte Lerntechnologien. Jede Einseitigkeit und Ausschließlichkeit verengt den Blick und greift meines Ermessens theoretisch zu kurz. Die Neue Lernkultur führt die traditionelle Lernkultur fort, entwickelt sie weiter, gestaltet sie qualitativ um. Das Verhältnis von "neu" zu "alt" ist durch Integration, Entwicklung und qualitative Veränderung zu kennzeichnen. (vgl. Gasser 1999)

3. Begründung für eine Neue Lernkultur

Was in Literatur und Unterrichtspraxis als "Neues Lernen, Neue Lernkultur" und "Erweiterte Lehr- und Lernformen" vorzufinden ist, ist vielgestaltig. Im Folgenden sollen zentrale Impulse, die der gegenwärtigen Didaktik und Unterrichtspraxis zugrunde liegen, dargestellt werden. Dabei begrenze ich mich auf die Aspekte ´Gesellschaftliche Gründe` und `Lerntheorien`.

3.1 Gesellschaftliche Gründe

Untersuchungen zur gewandelten Kindheit haben gezeigt, dass Kinder heute unter stark veränderten Bedingungen aufwachsen. Gründe dafür sind unter anderem sozio-kulturelle, gesellschaftliche, politisch-ideologische ökonomische sowie demographische Veränderungen. Ein wesentlicher Aspekt, den ich an dieser Stelle besonders hervorheben möchte, bildet unsere heutige Wissensgesellschaft, die einen kumulativen Wissenszuwachs verzeichnet. Zwar basierten auch frühere Gesellschaften auf dem Wissen ihrer Mitglieder; die Bedeutung von Wissen nimmt heute jedoch angesichts eines rapiden Wandels in Technik, Wirtschaft und Wissenschaft in besonderem Maße zu. Wissen bestimmt auf der anderen Seite den persönlichen Lebensweg des Einzelnen, seine Möglichkeiten, an demokratischen Prozessen teilzuhaben, sowie seinen sozialen Status – und damit neben wirtschaftlichen Faktoren seinen Einfluss auf gesellschaftliche Vorgänge sowie seine soziale Anerkennung und sein Selbstkonzept. Wissen wird also sowohl für die Gesellschaft als Ganzes als auch für ihre einzelnen Mitglieder immer wichtiger. Diesen Veränderungen muss Schule durch ein verändertes Verständnis von Bildung didaktisch und methodisch begegnen. Auftrag der Bildung ist daher neben der Vermittlung von Basisfähigkeiten/ Kompetenzen und Fachwissen die Förderung der Persönlichkeitsentwicklung sowie einer fachübergreifenden Lernkompetenz, die lebenslanges Lernen ermöglicht.

3.2 Lerntheoretische Gründe

Lerntheorien stellen den Versuch dar, Lernprozesse zu beschreiben und mit Hilfe entsprechender Modellvorstellungen Erklärungen für bestimmte Phänomene zu finden und didaktische Handlungsanregungen und Orientierungen für das Erreichen von Zielvorstellungen formulieren zu können. So ist beispielsweise die behavioristische Grundposition von dem Gedanken bestimmt, dass sich das Verhalten und das Lernen eines Individuums durch äußere Hinweisreize und Verstärkungen steuern ließen. Eine solche Modellierung von Lernprozessen erlaubt Erklärungen und Handlungsempfehlungen im Bereich der Verhaltensmodifikation, ist jedoch bei all den Prozessen, in denen es um die aktive Verarbeitung von Informationen und die Betrachtung der kognitiven Strukturen von Lernenden geht, wenig hilfreich.

3.2.1 Kognitivismus

In kognitionstheoretischen Grundpositionen wird diese Begrenzung überschritten und der Lernende als ein Individuum begriffen, das äußere Reize aktiv und selbstständig verarbeitet. In diesem Sinne gilt der Lernende als interaktiv agierendes Individuum, das Instruktionsangebote, z.B. eine didaktisch aufbereitete Information, auf der Basis seines Erfahrungs- und Entwicklungsstandes in selektiver Weise wahrnimmt, interpretiert und verarbeitet. Der jeweilige Entwicklungs- und Erfahrungsstand eines Individuums drückt sich in der Gesamtheit der zur Verfügung stehenden Wahrnehmungs-, Verstehens- und Verarbeitungsmuster oder -schemata aus, welche die kognitive Struktur eines Individuums ausmachen. Positionen kognitionstheoretischer Provenienz lassen sich noch einmal differenzieren im Hinblick auf die Frage, ob es vorrangig um den Aufbau von Wissensstrukturen geht oder um die Entwicklung von Problemlösefähigkeit.

Bei aller Bedeutung, die von kognitionstheoretischen Ansätzen der individuellen Verarbeitung von Informationen beim Lernen zugemessen wird, halten sie doch konsequent an der Wechselwirkungsannahme zwischen externen Bedingungen und internen Verarbeitungsprozessen fest. Damit ist die Position verbunden, dass das Lernen durch Instruktion und Lernhilfen angeleitet werden kann.

3.2.2 Konstruktivismus

Die Möglichkeit der Anleitung von Lernprozessen wird aus konstruktivistischer Perspektive wesentlich skeptischer eingeschätzt. Entsprechende Lerntheorien betonen stärker die Bedeutung der individuellen Wahrnehmung und Verarbeitung von Erlebnissen. Im konstruktivistischen Verständnis strukturiert das Individuum Situationen, in denen es sich befindet, im Sinne einer „bedeutungstragenden Gestalt“, und es gestaltet die Situation zugleich in Wahrnehmung und Handeln mit. Erkenntnisse sind danach individuelle Konstruktionen von Wirklichkeit auf der Basis subjektiver Erfahrungsstrukturen. Dazu einige weiterführende Erläuterungen. Im Sinne des Konstruktivismus sind Lernende geschlossene Systeme, die Informationen aus ihrer Umwelt entsprechend ihrer individuellen Struktur aufnehmen und verarbeiten. Das bedeutet, dass Lernen ein subjektiver Vorgang ist, bei dem jeder Lernende seinen eigenen Lernweg gehen muss. Jeder Lerner wird in seinem eigenen Tempo nicht nur mengenmäßig, sondern auch inhaltlich Unterschiedliches aufnehmen. Deshalb ist es wichtig, dem Prozess, durch den der Lernende zum Ergebnis gelangt, den Vorrang zu geben und nicht dem Ergebnis selbst. Wissenserwerb wird im Konstruktivismus betrachtet als ein aktiver, selbstgesteuerter, konstruktiver, situativer und sozialer Prozess. Die aktive Beteiligung des Lernenden wird durch seine Motivation und sein Interesse am Prozess oder an dem Gegenstand des Wissenserwerbs charakterisiert. Der Wissenserwerb wird dabei bis zu einem gewissen Grad vom Lernenden selbst gesteuert und kontrolliert. Jeder Wissenserwerbsprozess ist konstruktiv, da die verschiedenen Formen des Wissens nur dann erworben und genutzt werden können, wenn sie in bestehende Wissensstrukturen eingebaut und vor dem Hintergrund individueller Erfahrungen des Einzelnen interpretiert werden. Der Erwerb des Wissens ist situativ, weil er an einen spezifischen Kontext gebunden ist, der sich aus den kontextuellen Bezügen des Wissens ergibt. Aus der Eingebundenheit des Einzelnen in eine Gemeinschaft resultiert auch Wissen, das aus sozialen Aushandlungsprozessen erwachsen ist. Wenn Unterricht den Lernprozess positiv beeinflussen soll, so muss er sich an diesen Prozessmerkmalen orientieren.

4. Ein neues Verständnis von Lernen

Im Gegensatz zur traditionellen Auffassung des Lernens, der zufolge Wissen wie ein Gegenstand vom Lehrenden zum Lernenden transportiert werden kann, wird in der Pädagogischen Psychologie in den letzten Jahren zunehmend eine konstruktivistische Lehr-Lern-Philosophie vertreten. Diese geht davon aus, dass Lernen ein selbstgesteuerter Prozess ist, der vom Lernenden eine aktive Wissenskonstruktion erfordert. Das Wissen, das der Lernende konstruiert, ist kein Abbild des Lehrer-Wissens, sondern es ist von Vorkenntnissen, Erfahrungen und Überzeugungen des Lernenden geprägt. Auch dieser Beitrag basiert auf einem konstruktivistischen Lernbegriff. Nach Reinmann-Rothmeier und Mandl (1998) ist Lernen ein aktiver, selbstgesteuerter, konstruktiver, situativer und sozialer Prozess.

Im Folgenden versuche ich das Lernverständnis einer Neuen Lernkultur anhand wesentlicher Merkmale zu beschreiben.

Lernen als aktiver Prozess: Lernen ist nur über eine aktive Beteiligung des Lernenden möglich. Für diese Aktivität brauchen Lernende Lernmotivation bzw. Interesse am Prozess oder am Gegenstand des Lernens.

Lernen als selbstgesteuerter Prozess: Lernen erfordert immer eine Beteiligung des Selbst. Das Ausmaß der Selbststeuerung und der Kontrolle des eigenen Lernprozesses hängt von der Lernsituation und -umgebung ab; Wissenserwerb ohne Selbststeuerungsanteil ist allerdings nicht denkbar.

Lernen als konstruktiver Prozess: Wissen ist immer konstruiert. Neues Wissen kann nur erworben und genutzt werden, wenn es in die vorhandenen Wissensstrukturen eingebaut und auf der Basis individueller Erfahrungen interpretiert wird.

Lernen als situativer Prozess: Die Wissenskonstruktion erfolgt in bestimmten Kontexten und ist mit diesen verbunden; Lernen ist daher situativ. Eine Loslösung des Wissens vom Kontext (Dekontextualisierung), die die Wissensanwendung in anderen Zusammenhängen ermöglicht, ist nicht selbstverständlich, sondern muss gezielt unterstützt werden.

Lernen als sozialer Prozess: Der Erwerb von Wissen ist nicht nur ein individueller Konstruktionsprozess. Lernen findet außerdem vor dem Hintergrund soziokultureller Bedingungen und häufig in einem sozialen Rahmen statt. Lernen ist also auch ein sozialer Prozess.

5. Konsequenzen für unterrichtliches Handeln

Eine zukunftsfähige Lernkultur kann nicht unabhängig von der Frage einer zukunftsfähigen Unterrichtsgestaltung diskutiert werden. Eine bestimmte Auffassung vom Lernen legt bestimmte didaktische Entscheidungen nahe. Dabei lässt sich nicht ein bestimmtes Unterrichtsverfahren ableiten. Vielmehr geht es darum aus bestehenden Konzepten und Erfahrungen diejenigen Verfahren auszuwählen, die den Prinzipien des oben beschriebenen neuen Lernverständnisses entsprechen. Dazu zählen beispielsweise Ansätze aus der Reformpädagogik (Montessori, Petersen, Freinet etc.) sowie z.B. Erkenntnisse des Kooperativen Lernens (z.B. nach Norman Green). Mandl, Gruber & Renkl haben diesbezüglich folgende Empfehlungen für die Gestaltung von Lernumgebungen auf der Basis situierten Lernens zusammengefasst:

Ein für die Lernenden interessantes und intrinsisch motivierendes Problem soll den Ausgangspunkt für das Lernen bilden („komplexe Ausgangsprobleme“).

Durch authentische und realistische Probleme soll ein Anwendungskontext für das zu erwerbende Wissen bereitgestellt werden („Authentizität und Situiertheit“).

Das zu Lernende soll in mehrere Kontexte eingebettet werden, so dass es später flexibel auf neue Situationen übertragen werden kann („multiple Perspektiven“).

Problemlöseprozesse sollen verbal beschrieben und hinsichtlich ihrer Bedeutung für unterschiedliche Zusammenhänge reflektiert werden („Artikulation und Reflexion“).

Dem sozialen Kontext soll im Sinne kooperativen Lernens ein besonderer Stellenwert zugemessen werden („Lernen im sozialen Austausch“). Individuelles Lernen ist immer auch in soziale Prozesse eingebettet. Der Erwerb von Wissen findet - direkt oder indirekt - immer im Austausch mit Bedingungen der Umwelt, in Interaktion mit anderen Personen statt. In kooperativen Lernprozessen vertiefen und festigen Lernende ihr Wissen, z. B. indem sie unterschiedliche Sichtweisen eines Problems kennen lernen, und im Gespräch ihre Vermutungen, Meinungen und Kenntnisse formulieren und diskutieren. Dabei tragen Lernende in unterschiedlicher Weise durch ihre individuellen Vorkenntnisse, Interessen und Begabungen zu einem Produkt bei. Sie regen sich immer wieder gegenseitig zu neuen Gedanken und Aktivitäten an. Lernen in einer schulischen Gemeinschaft kommt daher nach wie vor große Bedeutung zu.

6. Neue Lernkultur und die Frage der Leistungsbewertung

Aus den vorherigen Ausführungen geht hervor, dass selbständiges und eigenverantwortliches Lernen, im Sinne einer Neuen Lernkultur, auch eigene Entscheidungs- und Urteilsprozesse einschließen muss. Es ist nicht vorstellbar, dass Leistung in diesem Zusammenhang dauerhaft hauptsächlich Objekt fremder Beurteilung anhand übergreifender Maßstäbe sein kann. Im Sinne der Erlangung von Mündigkeit wird die Urteilsfähigkeit zu einem Kernpunkt, der auch einschließt, dass sich diese darauf richtet, gesellschaftliche und individuelle Hindernisse der Verwirklichung von Selbst- und Mitbestimmung, Kritik- und Urteilsfähigkeit für sich selbst und andere analysieren zu können und abbauen zu helfen (vgl. Klafki 1996). Wenn in selbständig vorangetriebenen Lernprozessen individuelle und persönlich bedeutsame Leistungen entstehen sollen, müssen diese auch der Bewertung durch die Schüler selbst zugänglich gemacht werden. Wenn Bildung Selbstbildung sein soll, ist es erforderlich, Reflexions- und Bewertungsprozesse zu kultivieren und zu erlernen, weil sie Mittel des Selbstbezugs und der Selbstentwicklung sind.

Damit ist ein grundsätzliches Spannungsverhältnis zwischen dem Selbständigkeitsmerkmal der neuen Lernkultur und der herkömmlichen Leistungsbeurteilung angesprochen. Während einerseits umfassende Forderungen zur Selbständigkeitsentwicklung und zur Eigenverantwortung aufgestellt und praktisch in den Unterricht eingeführt werden, sind der traditionelle Unterricht und die Leistungsbeurteilung so angelegt, dass die Schüler bei Prüfungs- und Beurteilungsvorgängen kaum beteiligt werden. Eine Schule, die Selbst-Bildung verwirklichen möchte und Arbeitsformen mit hoher Selbständigkeit vorantreibt und pflegt, kann Schüler dauerhalft nicht von der Bewertung von Leistungen ausschließen. Schüler müssen ein aktives Verhältnis zur Frage der Kontrolle und Bewertung von Leistungen gewinnen. Bewertungsaufgaben wären den Schülern als Mittel der Selbstbildung zu übertragen und in kommunikativen Prozessen zu entwickeln. Hier liegt eine große Chance der neuen Lernkultur, dass sie die Selbständigkeit und Eigenverantwortung der Schüler auch auf den Bereich der Leistungsbewertung ausdehnt und sie darin qualifiziert. Im Rahmen der Entwicklung gemeinsamer Qualitätsmerkmale könnten Leistungen an gemeinsam erarbeiteten Bildungsideen orientiert werden. Schüler könnten auf diesem Wege dazu befähigt werden, ihre eigenen Bildungsvorstellungen in Auseinandersetzung mit Forderungen der Schule und in der Wahrnehmung von Leistungen anderer zu entwickeln und sie im Rahmen vorgegebener sowie selbstinitiierter Lernprozesse zu realisieren. Organisatorisch ließen sich Lernprozesse auf vielfältige Weise festhalten. Winter (2010) nennt dazu verschiedene Umsetzungsformen wie die Portfolioarbeit, das Lerntagebuch, Rückmeldebögen oder auch Lernkontrakte.

7. Fazit

Zusammenfassend lässt sich also festhalten, dass die Frage nach einer „zukunftsfähigen“ Auffassung vom Lernen im Grunde nur dann zu beantworten ist, wenn gleichzeitig eine Zielperspektive mitgedacht wird. Würde schulisches Lernen insbesondere mit dem Ziel verbunden, neue Reiz-Reaktionsverbindungen zu erlernen, die auf der Verhaltensebene sichtbar werden, könnte eine entsprechende Lehrstrategie im behavioristischen Sinne durchaus zielführend sein. Unterstellt man aber, dass Lernen in der heutigen Gesellschaft darauf ausgerichtet sein sollte, Kinder und Jugendliche zu einem sachgerechten, selbstbestimmten, kreativen und sozial verantwortlichen Handeln zu befähigen, so ist eine Auffassung von Lernen im gemäßigt konstruktivistischen Sinne angemessen. Teilhabe an Welt und Welterschließung sind auf der Basis eines selbstständigen Subjekts realisierbar, welches individuelle Vorstellungen generiert und diese Vorstellungen mit denen anderer sowie mit den Beobachtungen in seiner Umwelt in Einklang zu bringen versucht.

Abschließend lässt sich demnach sagen, dass eine zukunftsfähige Lernkultur keine Kultur der Reproduktion oder der passiven Aneignung, sondern eine Kultur des eigenständigen Erprobens, des kreativen Entwickelns und Gestaltens, des forschenden Explorierens und Entdeckens und des gemeinsamen Verständigens darstellt. Dies ist nicht zuletzt auch eine bildungspolitische Herausforderung, Kinder und Jugendliche in ihrer Entwicklung so zu fördern, dass alle die Chance haben, individuelle Potenziale auszubauen.



[1] Im Folgenden benutze ich den Begriff Neue Lernkultur als feststehenden Begriff auch wenn dieser noch nicht klar definiert ist.